Saison 2010/11

Hinrunde

Die Saison startete offiziell mit der Partie im DFB-Pokal gegen Rot Weiss Ahlen, die Werder locker mit 0:4 gewann. Mesut Özil wurde in der 61. Minute ausgewechselt, man fragte sich allgemein, ob das die letzte Partie von Özil im Werder-Dress war, denn Real Madrid hatte ein Angebot für den Nationalspieler abgegeben,  dessen Vertrag 2011 auslief. Gleich im Anschluss folgte das Hinspiel der Champions-League Qualifikation gegen Sampdoria Genua, durch das 3:1 hatte Werder gute Chancen auf die lukrative Gruppenphase der Champions League (zum sechsten Mal in den letzten sieben Jahren), wenngleich das dumme Gegentor in der 90. Minute noch einmal mehr Spannung als erwünscht aufkommen liess. Das Spiel fand notabene ohne Özil statt, hätte er gespielt, wäre er international in dieser Saison für einen anderen Club nicht mehr spielberechtigt gewesen. Werder vermeldete zudem den Brasilianer Wesley (23) als  Neuzugang, er wurde für 7.5 Mio vom FC Santos geholt und unterschrieb einen Vertrag bis 2015.

Der Start in die Bundesliga-Saison missriet allerdings gründlich: Zum 4. Mal in Folge kein Bremer Sieg am 1. Spieltag. Aber so peinlich wie in Hoffenheim hatte sich Werder in den letzten Jahren selten präsentiert. Null Effektivität, null Spritzigkeit, in der Abwehr offen wie ein Scheunentor, taktisch eine Klasse schlechte als Hoffenheim. Werder zum 1. Mal seit acht Jahren wieder Tabellenletzter der Bundesliga. Dies liess schlimmes für das CL-Rückspiel in Genua erwarten, was dann folgte, war wieder einmal Werder-Wahnsinn: Werder spielt schlecht, fünf Minuten vor Schluss schien das Spiel durch das 3:0 für Sampdoria gelaufen. Doch wie aus dem Nichts traf in der zweiten Minute der Nachspielzeit plötzlich Bremens Joker Markus Rosenberg (72. für Wagner, der mit blutender Platzwunde vom Feld musste) - die Verlängerung. In der 100. Minute traf dann Pizarro zum 2:3, Werder doch noch in der Champions League.

In der Liga hatte man nach drei Spiel vier Punkte, darunter ein torloses Unentschieden am 3. Spieltag gegen die Bayern. Das 1. Spiel in der CL-League war wieder einmal eines der verrückten Art: Werder schien nach 18 Minuten gegen Tottenham schon geschlagen, es stand 0:2. Doch dann wurde das Spiel gegen die Engländer noch zum 2:2 gedreht. In der Liga folgten dann allerdings zwei schlimme Niederlagen gegen Mainz und Hannover. Bereits die dritte Saisonpleite, erst vier Punkte und ein fussballerischer Offenbarungseid. Dann folgte in der Liga ein Heimsieg gegen den HSV, was Hoffnung auf Besserung aufkommen liess. Dies sollte aber erst der Start in eine richtige Negativserie sein.

Es folgte das Auswärtsspiel in der CL-League gegen Inter Mailand. Der Titelverteidiger verpasste Werder eine 4:0-Abreibung. Die Ausfälle von Kapitän Frings, Pizarro, Fritz und Naldo reichten keinesfalls als Entschuldigung. Werder spielte in der Abwehr komplett verrückt, null Abstimmung zwischen den Spielern. Gegen den Titelverteidiger konnte man verlieren, aber nicht so peinlich wie es Werder tat. Zahlreiche Ballverluste, peinliche Abspielfehler, meterweit weg von den Gegenspielern, keine Leidenschaft.

In der Liga gab es in der Folge einen Sieg und ein Unentschieden, ebenfalls ein Unentschieden gegen Enschede in der CL, danach noch einmal einen 1:4 Sieg in der Liga gegen Gladbach – es sollte aber für einige Zeit der letzte Sieg gewesen sein. Es folgten jetzt nämlich Niederlagen im Pokal gegen die Bayern (es muss an dieser Stelle immerhin die Pro-Bayern Linie des Schiedsrichters erwähnt werden), gegen Nürnberg, Enschede, eine 6:0-Klatsche gegen Stuttgart, ein Unentschieden gegen Frankfurt, sowie zwei weitere Klatschen gegen Schalke (4:0) und Tottenham (3:0). Werder völlig von der Rolle, Klaus Allofs war bleich wie die Betonwand, als er sich nach dem 4:0 gegen Schalke zur Rede stellte. Seine Wut, den Frust und seine Ratlosigkeit vereinte der Klubchef in einem einzigen Satz. „Das war mein schwerster Tag, seitdem ich bei Werder Bremen bin“, sagte Allofs mit heiserer, fast flüsternder Stimme. Es war ein Satz mit hoher Aussagekraft: Klaus Allofs leitet die Geschicke des Vereins seit dem 13. Juli 1999. Der Blick in die Statistik nur ein weiterer Schlag ins Gesicht von Werder: Noch nie in der Bundesliga hatte der SV Werder nach 13 Spieltagen mehr als 31 Gegentore kassiert, drei Bundesliga-Spiele in Folge ohne Tor gab es zuletzt vor mehr als siebeneinhalb Jahren. Um ein schlechteres Torverhältnis aus drei Ligaspielen (aktuell 0:10) aufzustöbern, musste man 30 Jahre zurückblättern. Mit der 3:0 Niederlage gegen Tottenham musste man sich zudem bereits in dieser frühen Phase von der CL-League und Europa League verabschieden.

Nach dieser fast schon beispiellosen Schreckensserie konnte man in der Liga in den folgenden zwei Spielen einen Sieg und ein Unentschieden holen. In der CL-League verabschiedete man sich immerhin mit einem 3:0 gegen Champions-League-Sieger Inter Mailand von der europäischen Fussball-Bühne. Schade nur, dass der Sieg sportlich nichts mehr wert war: Werder war bereits als Gruppenletzter ausgeschieden. In den letzten beiden Spielen in der Vorrunde setzte es allerdings noch einmal zwei Niederlagen, Werder rutschte endgültig in den Abstiegskampf. In die Winterpause ging man auf dem 14. Tabellenplatz, nur 19 Punkten und dem katastrophalen Torverhältnis von 23:35.

 

Rückrunde

Die Rückrunde startete mit einem glücklichen 2:1 Sieg gegen Hoffenheim.  Dies sollte aber nicht etwa die Wendung zum Besseren sein, es sollte noch schlimmer als in der Vorrunde kommen. Es folgten Niederlagen gegen Köln und Bayern, zwei maue Unentschieden gegen Mainz und Hannover, dann eine weitere 4:0 Klatsche, ausgerechnet gegen den Erzrivalen aus Hamburg, und ein Unentschieden gegen Leverkusen. Werder stand zu diesem Zeitpunkt (24. Spieltag) auf dem 15. Tabellenplatz, knietief im Abstiegskampf. Aber Allofs hielt Thomas Schaaf immer noch für den richtigen Trainer: „Die Mannschaft ist schuld.“ Werder schon in Zweitliga-Form, die Grusel-Bilanz: nur ein Sieg in den letzten neun Spielen, mit 48 Gegentoren die zweitschlechteste Abwehr der Liga, erst 28 Treffer selbst erzielt - nur vier Teams waren noch schlechter.

Das sollte jetzt aber der Tiefpunkt gewesen sein, am 25. Spieltag musste Werder in Freiburg ran, und gewann seit langem wieder, 1:3 lautete am Schluss das Resultat. Werder startete jetzt sogar eine kleine Serie, vom 24. bis zum 31. Spieltag blieb man ungeschlagen, bei 3 Siegen und 5 Unentschieden. Am 31. Spieltag stand Werder mit nur 38 Punkten auf Platz 11 der Tabelle, 6 Punkte Vorsprung auf den 16. Tabellenplatz, der die Relegation bedeuten würde – Werder war also noch nicht gerettet. Am 32. Spieltag ging es zuhause gegen Wolfsburg, aber wiederum verpasste man es, den Klassenerhalt mit einem Heimsieg perfekt zu machen –in Gegenteil, Werder rutschte durch die Niederlage auf den 13. Tabellenplatz, bei nur noch 4 Punkten Vorsprung auf Rang 16.

Dramaturgisch passend ging es am 33. Spieltag gegen den bereits feststehenden Meister aus Dortmund, es war ein ganz besonderes Spiel, nicht weil es unfassbar dramatisch oder hochklassig war, es war das einzige Spiel, bei dem beide Trainer schon vor Saisonbeginn im Amt waren. Thomas Schaaf bei Werder Bremen. Der durfte sich nach dem 2:0 über den endgültigen Klassenerhalt freuen. Passend zum Abschluss der Seuchensaison ging auch das letzte (bedeutungslose) Spiel verloren, Lautern schlug Werder 3:2 – aber eigentlich interessierte weniger das Spiel, sondern vielmehr die Personalie Thorsten Frings.  Sein Vertrag lief aus, es war zu diesem Zeitpunkt unklar, ob er das letzte Mal im Werder-Dress aufgelaufen sein würde. Kurze Zeit später wurde dies zur Tatsache, der Vertrag mit Frings wurde nicht verlängert, er wurde anlässlich eines Abschiedsspiels einige Wochen später offiziell verabschiedet. Frings spielt ab Juli 2011 in der Major League Soccer, unterschrieb beim Toronto FC bis Ende 2013.

 

Saisonbilanz

Gruselige Bilanz der Saison 2010/11: In der Champions-League chancenloses Aus in den Vorrunde, Niederlage im Sechtzehntelfinale  des DFB-Pokal, 13. Schlussrang in der Liga, mit 41 Punkten und 47:61 Toren.